Dirtbag Left
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen."
Dieses Zitat von Adorno, der gerne von den Antideutschen missbraucht wird, war der Aufhänger, uns in mehreren alkohol- und nikotingeschwängerten Nächten den Kopf zu zermartern. Ein schmerzhafter, anstrengender, aber in vielen Punkten weiterführender Reflexionsexzess.
Die Deutsche Linke hat fertig. Nicht wie Trappatoni, sondern auf perfidere Art. Ein Wiedergänger ohne Saft. Sie verrennt sich im emanzipatorischen Kleinkrieg, in Nischenpolitiken, in für Uneingeweihte unverständlichen Sprachfinessen. Ihre selbstverschuldete Ohnmacht treibt uns seit Jahren in den Wahnsinn. Jedes Jahr wird es schlimmer. Autoritär, kleinkariert, verklemmt und unpolitisch. Wir sehen nur noch Biedermeier-Linke, die sanft in ihrem eigenen Sud vor sich hin einreduzieren. Heraus kommt kein kraftvolles Konzentrat, sondern eine zähe, kaum verdauliche Masse.
Der Mensch ist einer zusehends brutalen, menschenverachtenden, kalten, von immer rücksichtsloseren Abhängigkeiten geprägten Gesellschaft ausgeliefert. Unserer Ansicht nach stellt sich die Frage, ob die Linke die Mehrheit dieser Menschen erreicht. Diese Mehrheit befindet sich nicht in einer Lebensrealität, die aus Freiräumen, autonomen Jugendzentren, der LGBT-Bewegung, Safe Spaces, Critical Whiteness, Veganismus und Definitionsmacht besteht. Statt dessen fragen sich diese Menschen am Ende des Geldes, warum so viel Monat übrig ist und wie sie sie ihre Kinder bis zur nächsten Kohle satt kriegen sollen. Sie fragen sich, ob ihr verdammter Leiharbeitgeber sie auf die Straße setzt, warum ihr Vermieter sie raus haben will, wie sie das Schwarzfahrticket zahlen sollen, warum sie etliche Wochen auf ihren Facharzttermin warten müssen und ob sie auch dieses Mal an der Tafel was abkriegen werden. Ja, sind banale Probleme. Für euch.
Letztlich geht es den meisten Linken lediglich um Distinktionsgewinn durch Kenntnis und Anwendung der jeweils dominaten Regeln. Das ist nichts weiter als die Erzeugung eines eigenen unerträglichen Elitebewusstseins. Und dann noch genau diesen Fakt abstreiten, es kann ja jeder in ihre Zentren kommen, mit ihnen reden. Klar doch. Wann wart ihr übrigens das letzte Mal zu Besuch im linken türkischen Kulturverein, in der Dorfkneipe eines Kaffs in Teltow-Fläming oder im Begegnungsraum eines Altersheims?
Der Kapitalismus erweist sich als robuster, als in etlichen linken Theorien postuliert. Was tun? fragten sich viele und wandten sich von der sozialen Frage hin zur persönlichen Emanzipation. Nicht aus Bosheit, sondern weil sie im privaten Bereich Handlungsmacht erlangen können, an die sie gesellschaftlich nicht mehr glauben.
Was soll das überhaupt?
Die Deutsche Linke verrennt sich. Ihr verrennt euch. Wir haben uns verrannt. Wir sind keine Gruppe, wir sind nichts. Wir denken nach. Wir sind angepisst. Wir haben keinen Bock mehr, uns das Trauerspiel unwidersprochen anzusehen. Darum brechen wir das Schweigen und werden eure Idiotie nicht länger unwidersprochen lassen.
Wir sind die Dirtbag Left.